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Meine Frau und ich gehören zu einer Randgruppe, aber da stehen wir drüber und nehmen es gelassen. Wir freuen uns seit Monaten auf unsere Reise. Und nun gilt es Israel zu erkunden. Aber nicht im Rahmen einer Pilgerreise. Unser Reisefieber ist auch ohne in den Vordergrund gestellten Glauben stark genug, um auf den vielen historischen Spuren all der Entdecker, Eroberer und Erlöser zu reisen. Unsere ersten Tage verleben wir in der Altstadt Jerusalems. Am Abend belebte Straßen, fliegende Händler, orientalische Gerüche. So suchen wir es – und finden es. Die Altstadt beeindruckt uns. Mit ihren engen Gässchen, dem Hauch Geschichte, der uns gefühlt hinter jeder Ecke erwischt, all den historischen Gemäuern, die wir zu kennen glauben, aber erst hier betreten und kennenlernen. Wir schlendern von früh bis spät durch das Gassengewirr und natürlich besichtigen wir all das, was einem als Reisenden in Jerusalem wichtig erscheint. Den Tempelberg, die Grabeskirche, die Erlöserkirche, die Via Dolorosa, die Klagemauer und vieles mehr. Und da wir, wie schon eingangs erwähnt, Land und Leute kennen lernen wollen, sind wir offen gesagt ab und an irritiert über die Intensität von Begegnungen, die wir in den oft religiösen Stätten mit Pilgerreisenden haben. Wir lernen schnell, dass hier in Israel vieles aufeinandertrifft. Neben all den unlösbar scheinenden Konflikten vor Ort, auch die Reiseansprüche zweier Reisespezien - dem gemeinen Touristen und dem gemeinen Pilger. Wir lernen dazu und arbeiten an uns. Gelassenheit ist hier oft das Motto. Nach erlebnisreichen Tagen in Jerusalem geht es nun gen Osten. Und bergab. Das Tote Meer mit gut 420 Meter unter dem Meeresspiegel lockt, wobei wir auf dem Weg durch eine wahrlich karge und öde Landschaft nicht gelangweilt sind. Das stete bergab und die Besichtigungen der Ausgrabungsstätten von Qumran lassen uns das quirlige Jerusalem reflektieren und die Uhren neu stellen auf das, was vor uns liegt. Entlang des Toten Meeres haben sich Orte etabliert, die mit ihren Hotels und Badestellen vollkommen auf die Gäste eingestellt sind. Das Tote Meer fasziniert seine Besucher, obwohl Flora und Fauna hier keinen Bestand haben. Und deswegen halten wir uns strikt an die Regeln. Baden nur an offiziellen Badestellen (dann auch gerne mit Eintritt), langsam ins Wasser, auf keinen Fall auf dem Bauch schwimmen und unter keinen Umständen mit den Augen ins Wasser kommen. Soweit die Theorie und der Plan. Ich habe es dann doch geschafft, mir Wasser ins Auge zu spritzen und es schmerzvoll bereut. Aber das Baden im Toten Meer ist trotzdem großartig und bleibt unvergessen. Nun geht es für uns Richtung Norden. Der See Genezareth wartet schon auf uns. Und ihn erreichen wir am besten durch das Jordantal. Die Fahrt mag auf der einen Seite wenig spektakulär sein, auf der anderen versuchen wir in die Gedanken an all´ das Wirrwarr aus Wassermangel im Toten Meer und riesigen Plantagen – die genau dieses zu wenige Wasser benötigen – Ordnung zu bringen. Es gelingt uns nicht. Und so überqueren wir dann imwahrsten Sinne des Wortes den Jordan, und schicken unsere verqueren Gedanken über eben jenen. Im Nordosten Israels angekommen lernen wir, wie uns eine falsche Erwartungshaltung überlisten kann. Klar wissen wir, dass die Gegend durch viele Bezüge zum Neuen Testament auch auf dem Reiseplan der Pilgerreisenden stehen wird. Ahnten wir doch nach dem Lesen unserer Reiseführer aber nicht, dass trotz nachweislicher Diskrepanzen zwischen Altersbestimmungen von Kirchen, Steinen und Hölzern und der biblischen Geschichte die Verehrung von eben diesen Stätten so irre stark und nachdrücklich ausfällt. Bei Besichtigungen in Tabgha, am Berg der Seligpreisung und Kapernaum werden wir eines Besseren belehrt. Erlebenswert ist es aber allemal. Unsere letzte Station in Israel ist Tel Aviv. Gilt Jerusalem als historisches und politisches Zentrum, prägen in der Stadt am Mittelmeer modernes Leben, Kultur und Wirtschaft den Lebensrhythmus. So ist unser erster Eindruck, der uns nicht täuschen wird. Als Weimarer ist die Avenida Rothschild mit ihren über 200 Bauhäusern natürlich unsere erste Station. Und bei all den architektonischen Perlen – die wir endlich mal in natura betrachten können – werden wir gar nicht müde. Auf einen erlebnisreichen und schönen Tag folgt zum Abschluss ein wunderbarer Sonnenunter- gang am Stadtstrand der Metropole. Bei allen Wertekonflikten, die eine Reise nach Israel mit sich bringen kann, haben wir eben dieses als höchst interessantes und erlebenswertes Reiseland kennen ge- lernt. Auf den Spuren alter Zeiten haben wir Denkanstöße und neue Wege gefun- den. Und kommen ganz gewiss wieder. Denn es gibt immer noch viel zu entdecken. Ihr Thomas Marx

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